Bremer Grundsteuermodell

Auch nach neuerlicher Anpassung verfassungswidrig!

Das in Bremen und Bremerhaven angewendete Grundsteuergesetz des Bundes ist verfassungswidrig! Zu diesem Ergebnis kommt das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Gregor Kirchhof, das der Verfassungsrechtler im Auftrag des Bundes der Steuerzahler Deutschland sowie Haus & Grund Deutschland angefertigt hat.

Das 73-seitige Papier des Jura-Professors von der Universität Augsburg dient als Grundlage für die anvisierten Musterklagen der beiden Verbände gegen das Bundesmodell, das auch in Bremen und Bremerhaven gilt. Daran ändert auch die überraschende neuerliche Ergänzung des Finanz- ressorts nichts. Im Gegenteil, wir gehen als Eigentümerverband davon aus, dass durch die neue Ergänzung – die für uns ein wenig aus der Senatorenhüfte geschossen scheint – zu einer massiven Mehrbelastung für Eigentümer und Mieter von Gewerbeimmobilien führen wird. Wir werden die Neuerung eingehend prüfen und rechtlich einordnen lassen. 

Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses lagen leider noch keine endgültige Fakten aus dem Finanzressort auf dem Tisch. Lediglich dem Weser- Kurier vom 14. und 15. Juni 2024 war zu entnehmen, dass Wohngrundstücke in der Stadtgemeinde Bremen zukünftig weiterhin 53 Prozent des Gesamtaufkommens beisteuern sollen, Gewerbe- und unbebaute Flächen 47 Prozent. Erreicht werden solle das, indem eine sogenannte Landessteuermesszahl eingeführt werde. Sie werde für Grundstücke mit Wohngebäuden bei 0,31 Promille, für die anderen bei 0,75 Promille liegen. 

Als weiterer Faktor gehe der sogenannte Hebesatz in die Berechnung der Grundsteuer ein. Er werde nicht vom Land bestimmt, sondern von den Kommunen. Die Stadtgemeinde Bremen werde den Hebesatz voraussichtlich von 695 auf 755 Punkte anheben. Für die Berechnung der künftigen jährlichen Abgabe eines mit Wohnungen bebauten Grundstücks ergäbe sich also die Faustformel: Grundstückswert mal 0,00031 mal 7,55.

Der Versuch an der Messzahl des Grundsteuermodells zu schrauben ist ein Herumdoktern, ohne das Grundproblem zu lösen. Die wertbezogene Steuer ist und bleibt eine Vermögensteuer durch die Hintertür. Sowohl die Herleitung der Bodenrichtwerte ist intransparent als auch die Mietwerte sind irreal. Der Bundesfinanzhof hat kürzlich ein weiteres Problem aufgezeigt, nämlich die fehlende Möglichkeit, einen tatsächlich geringeren Steuerwert z.B. durch Gutachten nachzuweisen. Auch hier ist davon auszugehen, dass das Problem dem Finanzsenator in anstehenden Prozessen auf die Füße fällt. Das Anheben des Hebesatzes von 695 auf 755 Punkte, unter dem neuen Berechnungsmodell, wird nach unserer bisherigen Einschätzung bei einem großen Teil der privaten Eigentümer zu einer massiven Erhöhung der Grundsteuerbelastung führen.

Liebe Mitglieder,

um die Mehr- oder Minderbelastung der neu errechneten Grundsteuer einzuschätzen zu können, bitten wir Sie, uns anzugeben, wie die Änderung des Grundsteuerbetrags bei Ihnen ausfallen würde. Dazu benötigen wir den alten Grundsteuerbetrag sowie den von Ihnen neu errechneten:
Die Höhe der Grundsteuer errechnet sich aus Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz der Gemeinde. Der neue Hebesatz wird voraussichtlich für Bremen 755% für Bremerhaven 900% betragen.

Die Faustformel für den neuen Grundsteuerbetrag für Wohngrundstücke in Bremen lautet: Grundsteuerwert x 0,00031 x 7,55.
Für Bremerhaven Grundsteuerwert x 0,00031 x 9.

Die Faustformel für den neuen Grundsteuerbetrag für Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke in Bremen lautet: Grundsteuerwert x 0,00075 x 7,55.
Für Bremerhaven Grundsteuerwert x 0,00075 x 9.

Bitte mailen Sie uns diese Information an unter dem Stichwort Grundsteuerbetrag. Vielen Dank im Voraus für Ihre Mithilfe.

Unsere Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit

Pauschalierungen verstoßen gegen das Grundgesetz 

Fakt: Das in Bremen angewandte Bundesmodell greift auf sehr viele Parameter zurück: Im Rahmen der pauschalen Nettokaltmieten müssen die Gebäudeart, Wohnfläche, Baujahr, Mietniveau-Stufen (und Abschläge hiervon), Bewirtschaftungskosten, Liegenschaftszinssatz, Restnutzungsdauer und der abgezinste Bodenwert berücksichtigt werden.

Kritik: Der Bund hat eine äußerst komplexe Bewertung entwickelt, die im Massen-Verfahren nur schwer anwendbar ist. Manchmal sind die Parameter kompliziert zu ermitteln (Brutto-Grundfläche), andere genutzte Kriterien sind realitätsfern und deshalb gleichheitswidrig (pauschale Nettokaltmieten, Bodenwert). 

Fazit: Das Recht ist nun deshalb so kompliziert, weil der Bund Kompetenzschranken eingehalten hat, die nach der Verfassungsreform im Jahr 2019 nicht mehr bestanden. Somit belastet das Bundesrecht die vielen Grundsteuerpflichtigen – ohne Grund – mit zu aufwendigen Mitwirkungspflichten. Damit werden die Grundrechte verletzt!

Individuelle Umstände werden nicht berücksichtigt

Fakt: Baulasten, Denkmalschutzauflagen, Immissionen, Baumängel oder ein besonders guter Erhaltungszustand: Solche „individuellen öffentlich-rechtlichen Merkmale“ sowie „individuellen privatrechtlichen Vereinbarungen und Belastungen“ werden bei der Bewertung der Grundstücke nicht berücksichtigt. Damit werden maßgebliche Parameter gleichheitswidrig außer Acht gelassen.

Kritik: Der grundlegende Fehler des Bundesmodells liegt darin, den Grund der Belastung nicht erkennbar zu regeln und zu versuchen, den Wert von Grund und Boden grob zu ermitteln. Doch Immobilienwerte müssen entweder anhand zahlreicher Kriterien genau bewertet oder in einfachen, gleichheitsgerechten Pauschalierungen steuerlich bemessen werden. Das Bundesgesetz wählt aber einen verfassungswidrigen Mittelweg.